Zeitalter des Konstruktivismus

Der russische Konstruktivismus entsteht um 1913/1914. Ähnlich wie der Kubismus, beruft sich der Konstruktivismus auch auf die moderne Technik und einfache geometrische Formen.

Erste konstruktivistische Tendenzen können in den Werken der 1912 gegründeten Moskauer Gruppe “Eselsschwanz” vorgefunden werden. Vladimir Tatlin, ein bedeutender Konstruktivist, beginnt 1913 mit der Gestaltung abstrakter Relief-Bilder und geht dann über zu dreidimensionalen Hängekonstruktionen. Dieses Gestaltungsprinzip benennt er “Konstruktivismus”.

Von 1917 bis 1921 proklamiert die Sowjetunion den Konstruktivismus als die offizielle Kunstrichtung zur Zeit der Revolution. Offizielle Stellen realisieren den Nutzen der Aussagen, den der Konstruktivismus in der Öffentlichkeit haben kann.

Die Abkehr der Politik vom Konstruktivismus führt ab 1922 zu einer Emigration der wichtigsten führenden russischen Konstruktivisten in den Westen. Diese tragen und verbreiten ihre Ideen.

Eine Entwicklung, die an die Ausbreitung der Ideen des (westeuropäischen) Konstruktivismus anknüpft, wird ab 1919 das Bauhaus. Künstler des Bereichs Konstruktivismus sind beispielsweise Erich Buchholz, Gotffried Honegger oder Hans Hinterreiter – Werke dieser Künstler können in unserer Galerie in Zürich bewundert werden.

 

Welche Idee steckt hinter dem Konstruktivismus?

Der Begriff Konstruktivismus leitet sich vom lateinischen „construere“ ab – dem Wort für „aufbauen“, „errichten“, „in Verbindung bringen“.

Es ist eine Form der künstlerischen Gestaltung, die sich aus kontrollierten Elementen und bestimmten definierten Beziehungen zusammensetzt. Der Künstler konstruiert ein Bild oder eine Skulptur, wobei die Masseinheiten, d.h. die Relationen der verschiedenen Elemente exakt definiert sind.

Im Gegensatz zum Kubismus hat beim Konstruktivismus die Planung und die „Konstruktion“ des Werkes eine grössere Bedeutung. Oft bilden lange und komplexe mathematische Berechnungen die Basis eines Werkes. Kunst wird also den Bedingungen einer technischen und wissenschaftlichen Zeit unterworfen.

Innerhalb des Konstruktivismus können mehrere unterschiedliche Tendenzen festgehalten werden: Der propagandistische Konstruktivismus ist primär Teil vom russischen Konstruktivismus; die Impulse des analytischen Konstruktivismus gingen von Bauhaus, De Stijl und der konkreten Malerei aus; der praktisch-experimentelle Konstruktivismus wirkt noch bis in die Gegenwart und hat viele zeitgenössische Künstler beeinflusst.

 

Schwerpunkte vom internationalen Konstruktivimus

Der analytische Konstruktivismus fokussiert sich hauptsächlich in der räumlichen Gestaltung und in der Architektur. Doch es sind noch weitere künstlerische Bereiche von dieser neuen Art der formellen und strukturierten Vorgehensweise tangiert: Die berühmte Farbentheorie von Johannes Itten geht auf konstruktivistische Bedingungen zurück. Lyonel Feininger und Josef Albers beschäftigen sich mit strengen, geometrischen Flächenbeziehungen und Farbabstufungen. Oskar Schlemmer entwickelt eine neue Ästhetik mit seinem figuralen Konstruktivismus. Von sehr grosser Bedeutung ist Laszlo Moholy-Nagy, der sich eingehend mit den neuen technischen Gestaltungsmöglichkeiten wie der Fotografie und Film und Raum-Zeit-Beziehungen auseinandersetzt. Mobile Mechanismen, audiovisuelle Installationen und räumliche Konstruktionen dominieren in der Kunst. Diese Entwicklung spiegelt sich in der abstrakten Malerei, die grössere Dimensionen annimmt, wider.